STOLPERSTEIN FÜR JÜDISCHEN TRAINER KERTÉSZ

Erster Stolperstein vor einem Stadion in den neuen Bundesländern

Nestwärme

Im Rahmen der jüdischen Woche wurde heute ein Stolperstein für den jüdischen Trainer der 1. Männermannschaft des damaligen VfB Leipzig, Gyula Kertész, vor dem Bruno-Plache-Stadion an der Connewitzer Str. 21 verlegt. Dabei handelt es sich um den ersten Stolperstein vor einem Stadion in den neuen Bundesländern. Knapp fünfzig Gäste nahmen an der Verlegung am Stadioneingang in Leipzig-Probstheida teil.

Gyula Kertész wurde am 29. Februar 1888 in Ungarn geboren. Seine Karriere als Fußballer begann 1906 beim MTK Budapest. 1912 wurde er auch bei einem Spiel der Ungarischen Nationalmannschaft eingesetzt. Aufgrund einer Kriegsverletzung musste er seine aktive Laufbahn beenden und begann eine Karriere als Trainer bei verschiedenen Vereinen in ganz Europa. 
Ab 1932 war Kertész als Trainer der 1. Männermannschaft des VfB Leipzig tätig, wo er jedoch am 15. Mai 1933 entlassen wurde. Die offizielle Erklärung für diese kurze Anstellung lautete: „Aus finanziellen Gründen, hervorgerufen durch die wirtschaftliche Notlage“. Zuvor hatte sich mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler das gesellschaftliche Klima in Deutschland schlagartig verschlechtert. Das im April in Kraft getretene „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ diente zahlreichen Verbänden und Vereinen als Vorbild, um ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen. Gyula Kertész war Jude. Im Jahr 1938 emigrierte Gyula Kertész in die USA, wo er 1982 in New York starb.  

Der Geschäftsführer des Erich-Zeigner-Haus e.V., Henry Lewkowitz betont: „Entgegen der landläufigen Annahme, dass Stolpersteine nur für ermordete Opfer des NS-Regimes verlegt werden, zeigt das Schicksal von Gyula Kertész, dass Verfolgung auch andere Gesichter annehmen konnte, wie zum Beispiel Berufsverbote und damit einhergehend die Entziehung der Existenzgrundlage.“  

Die Biografie von Gyula Kertész konnte der Erich-Zeigner-Haus e.V. zusammen mit den Spielern der U15-Mannschaft in einer Projektwoche anhand von Originaldokumenten recherchieren. Neben der Recherche beschäftigten sich die Nachwuchstalente auch mit Diskriminierung im modernen Fußball und der Geschichte des jüdischen Leipziger Fußballvereins SK Bar Kochba.  

Jens Hirschmann, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende des 1. FC Lokomotive Leipzig sieht in der Verlegung eines Stolpersteins direkt am Bruno-Plache-Stadion „eine besondere Möglichkeit, auch innerhalb des Vereins an unsere jüdischen Mitglieder zu erinnern und dabei neben den Spielern, Amtsträgern und Angestellten auch direkt die Fans mit einzubeziehen.“  

Thomas Feist, Schirmherr des Lok-Wirtschaftsrates und Beauftragter für jüdisches Leben im Freistaat Sachsen freut sich über die Vielzahl der Teilnehmer an der heutigen Verlegung: „Ich bin begeistert über den großen Zuspruch der Gäste, die an dieser Stolpersteinverlegung teilgenommen haben. Dieses Projekt ist eines der besten Projekte, die ich in den letzten Jahren begleiten durfte. Und dass die Idee zur Stolpersteinverlegung von den jugendlichen Teilnehmern kam, zeigt den überragenden pädagogischen Erfolg dieses Vorhabens.“  

Dr. Gerlinde Rohr, Leiterin des Sportmuseums Leipzig, ergänzt:
„Der 1. FC Lokomotive Leipzig ist der Verein in der Stadt Leipzig, der sich am meisten und ganz aktiv mit seiner Geschichte auseinandersetzt. Dass sich die aktiven jugendlichen Sportler mit der Geschichte ihrer ehemaligen Sportkameraden ihres Vereines beschäftigen und am Ende für diese Persönlichkeiten Stolpersteine verlegt werden, macht dieses Projekt ganz besonders.“ 

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